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Leseproben
    Silvia Gredenberg

"Ich bin Paula"  

Leseprobe:

(...) Ich wohne jetzt bei meinem „Frauerl“, seit ich ganz klein war. Damals, als Babyhund, durfte ich überall hinpinkeln, wo es mir gerade gepasst hat. Das war fein und unkompliziert. Irgendwann, eines unbestimmten Tages und aus irgendeinem Grund, der mir nie erklärt wurde, durfte ich das plötzlich nicht mehr. Da musste ich dann von einem Tag zum anderen auf einer fremden Wiese oder in einem stinkenden Rinnsal am Straßenrand oder sonst wo hinpinkeln. Und wehe, wenn ich das nicht gemacht habe! Da hat mein Mensch – das „Frauerl“ –  mit mir gekeppelt, als hätte ich ihm alle fünf Finger weggebissen. Na gut, hab' ich mir gedacht, pinkle ich eben in die Wiese und nicht ins Wohnzimmer – obwohl es dort viel besser gerochen hat. Aber die Wiese riecht auch gut. Sie riecht nach vielen anderen Hunden. Ich erkenne sie schon alle am Pinkelgeruch. Ich habe auch schon einen Lieblingshund – allerdings bin ich ihm noch nicht begegnet. Obwohl ich urverliebt bin in seine Pinkelspur. Aber vielleicht geht mein Mensch einmal mit mir auf die Wiese, wenn mein Lieblingshund auch dort ist.

Manchmal spiele ich mit den Menschen. Sie spielen auch mit mir. Wenn ich sie zum Beispiel begrüße und ihnen zeigen will, wie hoch ich auf meinen Hinterbeinen auf sie hinaufspringen kann, dann drehen sie sich ein wenig weg und rufen irgend etwas, was ich zwar nicht verstehe, aber offenbar richtig deute. Sie wollen sicher, dass ich weiter und noch höher auf sie hinaufspringen soll. Das versuch ich dann auch. Dann drehen sie sich noch mehr weg von mir und rufen noch lauter, was sicher heißt, ich möge doch weiter machen, sie haben noch nicht genug. Andre stehen dann im Kreis um den Menschen, den ich gerade begrüße, und um mich herum und plärren unverständliches Zeug durch die Gegend. Wahrscheinlich wollen sie auch von mir begrüßt werden. Aber irgendwann reicht es mir, springen macht schließlich müde und man soll nichts übertreiben. Nur – die Menschen verstehen das nicht wirklich. Die sind ja maßlos.

Ende der Leseprobe
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